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Lothar Keite

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Ist die Marke bekannt, ist sie sympathisch? – Was zählt?

Auffallen um jeden Preis, ist das der richtige Ansatz für eine Marke? Die Wirkungsmessung unterscheidet zwischen Bekanntheit und Sympathie. Worauf kommt es an? Oft lautet die Devise: erst einmal bekannt werden, dann lässt sich an dem Image immer noch feilen. Ist die Marke unbekannt, ist das Image ohnehin irrelevant. Erkenntnisse können aus einer Branche gewonnen werden, die erst seit kurzem vor dieser Aufgabe steht. Zehn Jahre gibt es Wettbewerb in der deutschen Energiewirtschaft. Welche Ansätze funktionierten, welche nicht? Welche Lehren lassen sich ziehen?

Mit Eintritt in den Wettbewerb hieß die erste Aufgabe aller Energieanbieter Vermarktung. Dafür ist eine Marke als Absender und Projektionsfläche erforderlich. Wie ist der Name des Unternehmens? „SWB“? Südwestdeutscher Bibliotheksverbund? Stadtwerke Bonn oder Stadtwerke Bremen? Nicht „SWK“ oder „SWP“? Die gibt es aber auch.
Die verbreitete Tendenz zur Namensbildung aus Buchstaben ist eine amerikanische Vorliebe. Dort sind N.Y., L.A., S.F selbstverständlich. Aus der Kognitionsforschung ist bekannt, dass Menschen ansonsten Buchstabenkombinationen schwer behalten. Die Namensfindung gerade von kleineren Unternehmen mit geringeren Kommunikationsbudgets sollte das Behalten möglichst fördern. Deshalb ist es ungeschickt, jeweils aus Stadtwerk zu „SW“ mit dem Anfangsbuchstaben der jeweiligen Stadt zu wechseln, und besonders ungeschickt, wenn zwei Anbieter das gleiche auswählen. Jeder Kunde ist verwirrt. Das kommt nicht nur mit SW vor. Wer ist EVO? Energieversorgung Oberhausen? Energieversorgung Offenbach? Einziger Trost ist die regionale Trennung. Doch soll und wird die ewig bleiben? Wenn die Fußballer von Kickers Offenbach mit EVO auf der Brust spielen, sollte das schon eine einzigartige Marke sein, für die Sponsoringgeld eingesetzt wird. 
Voraussetzung von Markengeltung ist, dass es den Markennamen einmal gibt und er leicht zu sprechen ist. Die wenigsten Unternehmen können viele Millionen € aufwenden, um vergleichbar aus BMW eine sportive Automarke zu formen. Wie zum Beweis sind die sprechbaren Marken E.ON (79%) und Yello (78%), die sogar relativ neu sind, heute die bekanntesten im deutschen Energiemarkt. Es ist nicht RWE (68%) trotz jahrzehntelanger Präsenz. [1]
Will sich ein Kunde RWE merken, so ist es seit einiger Zeit noch schwieriger, da das Unternehmen nicht einmal selbst die eigene Marke respektiert und einfach in einen zeitgebundenen Slogan integriert ( VoRWEg gehen ). Es ist das einzige Großunternehmen, das seine Marke benutzt und die grundsätzliche Achtungsregel gegenüber der eigenen Marke nicht einhält. Implizit stellt das eine große Missachtung der eigenen Marke dar. Wie soll sie dann ein Kunde achten?
Erzielen nationale Energiemarken in puncto Bekanntheit relativ gute Werte, schneiden sie auf der Dimension Sympathie nicht gut ab ( alle unter 20 % Zustimmung ). Hier belegen die lokalen Anbieter sowohl für Strom wie für Erdgas den ersten Platz. Es gelingt zwar, in weniger als zehn Jahren bei vier von fünf Erwachsenen bekannt zu sein. Sympathie dauert länger, auch in unserer schnelllebigen Zeit. Sympathie bedarf insbesondere eines überzeugenden Gesamtansatzes, den der Kunde erleben kann.
Bekanntheit stellt ohne Frage eine Grundlage dar. Es sind aber zwei Richtungen möglich. Sympathie ist der Multiplikator mit positivem oder Antipathie der Multiplikator mit negativem Vorzeichen. Aus der Psychologie sind die Folgen bekannt: die Handlungen einer sympathischen Person werden jeweils positiv interpretiert, es erfolgen angenehme Zuschreibungen und bei Irritationen Entschuldigungen. Im Falle unsympathischer Personen folgt die Reaktion dem Muster: ich wusste es ja schon immer!, dass diese Person unzuverlässig ist, nicht korrekt arbeitet und ähnliche Urteile. Sympathie und Antipathie fußen auf Urteilen, die langen Bestand haben und, nachdem sie getroffen wurden, einschneidende Interpretationen nach sich ziehen. Sie lenken die Auswahl der Informationen, die wahrgenommen werden, so, dass sie zur Beurteilung passen. Wenn ein Autofahrer Probleme mit dem Auto hat und die Werkstatt vermutet, dass es am Kraftstoff lag, dann erinnern sich nahezu alle Autofahrer daran, wann sie „freien“ Kraftstoff getankt haben. Niemals ist die erste Vermutung, dass es am Kraftstoff einer bekannten Marke liegen könnte.
Marken werden wie Personen erlebt. [2] Die bevorzugte Marke muss eine passende Persönlichkeit sein, die zur eigenen Lebensgestaltung passt. Wenn es also um die eigentliche Zielgröße aller kommunikativen Maßnahmen für die Marke geht, stellt Sympathie den Zielwert dar.
Die größte Barriere für einen Lieferantenwechsel in der Energiebranche ist mangelndes Vertrauen. [3] Wie für alle intangiblen Leistungen ist Vertrauen ein Resultat längerer Erfahrung mit einem Anbieter, der sympathisch ist. In vielen Regionen besitzen die Stadtwerke hohes Vertrauen. Dort sind die Kunden nicht in Wechsellaune. Je höher der Sympathiegrad, desto größer ist das Vertrauen und desto geringer sind die Wechselquoten. Die ökonomischen Folgen sind klar erkennbar.
So vermeidet der Einsatz für Sympathie und Vertrauen Kundenverluste. Andererseits macht der Einsatz für Sympathie und Vertrauen erst Kundengewinne möglich. Kunden gehen nicht zu einem anderen Anbieter, wenn er nicht Vertrauen erweckend ist. „Dumme Werbesprüche“ und „Klamauk“ sind kein Weg zu Vertrauen. [4] Das Millionengrab „Yello“ zeigt dieses. Zwar kennen 78 % der Befragten die Marke, aber nur 19 % finden sie sympathisch. Yello liegt immer noch unter 5 % Marktanteil.
Auffallen um jeden Preis ist am Ende gefährlich. Der Schuss kann nach hinten losgehen. Einstellungen sind dauerhaft, gerade auch negative Assoziationen. Bei für ihn wichtigen Leistungen bleibt der Kunde dann fern. Gerade Energie darf nicht in der Bedeutung für den Kunden unterschätzt werden. Tiefenpsychologische Untersuchungen fördern immer wieder zu Tage, dass Kunden Energie implizit hohe Bedeutung zumessen, hängt doch ihre gesamte Existenz davon ab. [5] Deshalb ist es für den weit überwiegenden Teil der Konsumenten ausgeschlossen, sich hier auf windige Anbieter einzulassen. Der Bedeutung dieser Kundeneinstellung wird nur gerecht, wer seine Marke in positivem Sinne pflegt oder bei neuen Marken in positivem Sinne aufbaut. Nur eine sympathische Marke kann nachhaltig Kunden gewinnen. Entega oder Drift sind Beispiele.
Oft wird sogar die Frage gestellt, ob im Energiemarkt eine Marke überhaupt relevant sei. Wer über die Grenzen des bisherigen Liefergebietes hinaus will, kommt ohne Marke nicht weit. Die Stadtwerke Wedel haben in Hamburg in einer speziellen Marktsituation ihre Nachbarschaft gut genutzt und erheblich Marktanteil gewonnen. Das ermutigte zu einem weiteren Schritt in größere Ferne – nach Nordrhein Westfalen. Das misslang.
Im Dienstleistungsbereich geht es um Vertrauen. Das kann sicher einmal erzeugt werden durch Nähe. Das kann darüber hinaus nur geschaffen werden durch Markensympathie. Die alle vier Jahre von McKinsey und der Universität Passau durchgeführte Studie zur Markenbedeutung hat gerade zwischen 2006 und 2010 einen Bedeutungszuwachs für Dienstleistungsmarken ermittelt. Den höchsten Sprung in der Markenbedeutung gab es für Strom. [6]
Sympathie ermöglicht, eine positive Eigenschaftszuordnung mittels Slogan wirken zu lassen und so wieder zu verstärken. „Besser leben mit M.“ der Stadtwerke München funktioniert in dieser Weise. Besonders förderlich ist darüber hinaus, ein Schlüsselbild hinzuzufügen, da bildliches Erinnern weit überlegen ist. Ein Markensymbol wie das Schiff mit den grünen Segeln für Beck’s ist in der Energiewirtschaft noch nicht gefunden. Ein gutes differenzierendes Markensymbol zu schaffen ist eine noch offene Option im Energiebereich. 
Auf die Dauer kommt kein Unternehmen ohne eine positive Marke aus. Das wird nach nur zehn Jahren Wettbewerb in der Energiewirtschaft deutlich. Sie ist die Basis für Beziehungsmanagement. Kunden wünschen sich die Verbindung zu einer sympathischen Markenperson. Das kann nach den Ergebnissen der Markenbildung von Energieunternehmen wieder einmal generalisierend gesagt werden. Richtig ist sicher auch, dass es im Beziehungsmanagement erst der erste Schritt ist. In einer interaktiven Welt, in einer Social Media-World muss sich die Marke für die Kunden immer mehr zu einem interessanten Begleiter im Leben entwickeln. Ausgangspunkt ist aber eine sympathische Marke.

Was bedeutet die Erfahrung aus zehn Jahren Markenaufbau in der Energiewirtschaft:

  1. Grundlage für alle Marketingmaßnahmen bildet die Marke als sympathische Person. Sämtliche Aktionen müssen dazu passen. Das ist die Leitschnur zur Integration der Maßnahmen.
  2. In Märkten mit nicht sichtbaren Produkten kommt ein besonderes Bedürfnis nach Vertrauen hinzu. Vertrauen wird geschaffen durch Kontinuität und Seriosität.
  3. Eine Vertrauensmarke bildet in einem Ausblick die Voraussetzung dafür, ein interessanter Begleiter in einer globalen virtuellen Welt zu werden, in der es Menschen- und Markenfreunde gibt. Deren Empfehlungen bilden den höchst geschätzten Rat.

[1] Alle Zahlen aus G + J, Stern TrendProfile.

[2] Vgl. Aaker, Jennifer L., Dimensionen der Markenpersönlichkeit, in: Esch, Franz-Rudolf ( Hrsg. ), Moderne Markenführung, 4. Aufl. Wiesbaden 2005, S. 165 ff.

[3] Vgl. Schikarski, Annette, a. a. O., Ergebnisse zu Hypothese 12, S. 116 f.

[4] Vgl. Wiedmann, Klaus-Peter, Marketing-Management kommunaler Energieversorgungsunternehmen, Schriftenreihe Marketing Management.

[5] Vgl. Stark, Georg, Mit Stadtwerk-Dachmarke aus der „Commodity-Falle“, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 7 / 2008, S. 34ff.

[6] Vgl. Perrey, Jesko, Meyer, Thomas, Mega-Macht Marke, 3. Aufl., Heidelberg 2010.

 
 
 
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